Eine ausführliche Vorstellung von Bononia Estate bei Sofia Wine Walk

Eine ausführliche Vorstellung von Bononia Estate bei Sofia Wine Walk

25.03.2019 - Kategorien: bulgarischer Wein, Events

Sofia Wine Walk ist ein Projekt, das im Juni 2019 entstanden ist. Hier haben sich einige örtliche Sommeliers zusammengetan und bieten Stadttouren beziehungsweise Spaziergänge durch Sofia an. Bei ihnen steht die facettenreiche Weinwelt Bulgariens im Vordergrund. Es geht dort allerdings nicht nur um das Verkosten von Weinen an verschiedenen Orten, sondern auch um jede Menge kurzweilig präsentiertes Weinwissen mit Hintergrundinformationen zu bulgarischen Weingütern sowie zu deren Weine. Selbstverständlich gehört ebenfalls die lange Geschichte der Weinkultur in Bulgarien zu den Themen von Sofia Wine Walk. Ein besonderer Fokus liegt indes bei den neuen Winzern, die die alten Traditionen aufrecht erhalten beziehungsweise wiederbeleben und überdies zu einer ganz neuen Blüte führen.

Bononia Estate darf hier natürlich nicht fehlen. Schließlich ist das Weingut aus der Donauebene auch mit einer Anlaufstelle in Sofia vertreten. So hat sich Sofia Wine Walk unlängst intensiv mit Bononia Estate beschäftigt und eine detailreiche Darstellung ausgearbeitet.

Eine kurze Blüte vor vielen Jahrzehnten

Sie beginnt im Jahre 1895, als sich zwei Brüder aus Ungarn beidseitig der Donau niederließen. Der ein kaufte Land auf der rumänischen Seite und der andere, Victor Olinger, auf der bulgarischen. Letzterer entschloss sich, hier zwischen den Dörfern Koshava und Gomotartsi im Bezirk Vidin eine Brauerei zu gründen. Es war eine der ersten Brauereien in Bulgarien überhaupt. Später sollte aus ihr jedoch ein Weingut werden. Was mag hier alles an Leben stattgefunden haben? Wir werden es wohl leider nicht mehr erfahren. Nach seiner Schließung geriet das Weingut nämlich in Vergessenheit.

Ivaylo Yotov entdeckt das ehemalige Anwesen

Die Geschichte geht weiter mit Ivaylo Yotov. Herr Yotov ist wie wahrscheinlich jeder zweite Bulgare leidenschaftlicher Jäger. Neben der Jagd, die ihn schon in so manchen Teil des waldreichen Bulgariens geführt hat, liebt er es, den Menschen vor Ort zuzuhören, wenn sie Legenden aus längst vergessener Zeit erzählen. Bei einer dieser Gelegenheiten ging es um eben jene Brauerei, aus der ein Weingut wurde und die zwischen Koshava und Gomotartsi ein trauriges Schicksal fristete.

Aus seinem Interesse wurde schnell Begeisterung. Im Jahre 2016 beschloss er gemeinsam mit seinem Vater Angel den verwahrlosten Gebäudekomplex zu kaufen, um seine Geschichte als Weingut fortzusetzen. Wie richtig die beiden Yotovs mit ihrem Entschluss lagen, erkannten sie kurze Zeit später, als sie die verborgenen unterirdischen Gewölbe mit ebenso schönen wie gewaltigen preußischen Bögen fanden. Sie wichen also von ihrem ursprünglichen Plan, das alte Gemäuer abzureißen und durch ein modernes Gebäude zu ersetzen, ab und entschieden sich für eine Restaurierung.

Das Gut wächst mit den Weinbergen zusammen - Bononia entsteht

Das Gut zum Sitz von Bononia Estate zu machen, kam auch aus anderer Hinsicht den Plänen der Yotovs entgegen. Schon 2013 wurden nämlich in der Nähe auf rund 400 Dekar, das sind 40 ha, Rebstöcke gepflanzt. Bis heute ist die Bononia-eigene Rebfläche übrigens auf mehr als 1.500 Dekar angewachsen.

Aufgrund des Terroirs liegt der Schwerpunkt auf weißen Sorten. Sauvignon Blanc und Chardonnay nehmen mit etwa 600 Dekar den größten Raum ein. Außerdem wachsen unter anderem Pinot Gris, Riesling, Traminer, Vermentino und Viognier in den Weinbergen von Bononia Estate. Bei den roten Trauben handelt es sich um Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Pinot Noir und Syrah. Dazu kommt die lokale Rebsorte Gamza. Sie hat sich schnell zu einem Star im Angebot von Bononia Estate entwickelt. Von anfänglich etwa 50 Dekar Anbaufläche musste mittlerweile auf über 85 Dekar erweitert werden.

Bononia Estate eingebettet in der Region Vidin

Ein enormer Standortvorteil für Bononia Estate ist, dass die Region Vidin in neuerer Geschichte zu den ältesten Weinregionen in Bulgarien zählt. Nach der bulgarischen Wiedergeburt beziehungsweise der Emanzipation und schließlich Befreiung vom Osmanischen Reich im 18. und 19 Jahrhundert entstand hier eine der ersten Weinbauschulen des Landes. Das Gebiet, aus dem sich östlich von Vidin eine Donau-Halbinsel formt, wird aufgrund seiner fruchtbaren Böden Zlaten Rog oder Goldenes Horn genannt. Es gibt eine üppige Vegetation sowie malerische Landschaften. Ganz in der Nähe befinden sich überdies etwas im Landesinneren die Belogradchik Felsen sowie die berühmte Magura-Höhle. Baba Vida in Vidin selber schließlich ist die einzige vollständig erhaltene, mittelalterliche Festung in Bulgarien. Sie gründet übrigens auf der römischen Festung Bononia, aus der Vidin entstand und die Bononia Estate den Namen gibt.

Besonderes Terroir in Donau-Lagen

Für den Weinbau von größter Bedeutung aber sind die Lagen in Donaunähe. Dort bestimmen sand- und lösshaltige sowie ungewöhnlich mineralstoffreiche Böden gemeinsam mit einem bemerkenswerten Mikroklima das Terroir. Über dem Fluss bilden sich wärmere Luftmassen. Insbesondere in den Wintern, die hier empfindlich kalt sein können, sorgen sie dafür, dass die Rebstöcke vor Frostschäden geschützt sind. Dazu kommen die trockenen Donau-Winde, welche Reben sowie Böden die Feuchtigkeit entziehen und so unter anderem Fäulnis-Erkrankungen vorbeugen sowie den Extrakt-Reichtum steigern.

Ein typisches Merkmal der Region sind ferner die hohen Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht. Die Temperaturamplitude kann um 20 °C und mehr ausschlagen. Gleichsam vermeldet das Gebiet bis zu 4.000 Sonnenstunden im Jahr. Sie lassen zum Vorteil der Weine die durchschnittlichen Tagestemperaturen weit höher steigen als in so manch anderer Region Nordostbulgariens. In den letzten Jahren kommt hinzu, dass aufgrund von Klimaveränderungen die Trauben immer früher reifen und die Weinlese deutlich vorgezogen werden kann. Aufgrund all dieser Merkmale entstehen hier körperreiche, kraftvolle Weine mit einer häufig erstaunlich hohen Dichte, die selbst die von Weinen aus der Schwarzmeerregion übertreffen kann.

Charmante Dörfer zu beiden Seiten von Bononia Estate

Das Weingut Bononia Estate liegt direkt an der Straße, welche in der einen Richtung nach rund einem Kilometer ins Dorf Koshava führt und die in der anderen nach gut 5 Kilometern das Dorf Gomotartsi erreicht. Beide Orte weisen eine Besonderheit auf. Während viele andere Dörfer der Region zu weiten Teilen verlassen oder gar zu Geisterdörfern geworden sind, erfreuen sich Koshava und Gomotartsi eines lebendigen und aktiven Gemeindelebens. Hier sind die Höfe betriebsam, die Bürgersteige gepflegt, die Gartenzäune gestrichen und es duftet nach frisch geschnittenem Gras. Insbesondere in Gomotartsi können Besucher des Weiteren einen gut erhaltenen Baubestand bewundern, der zum Teil noch aus dem beginnenden 20. Jahrhundert stammt.

Die ersten Weine von Bononia Estate entstehen

In diesem Umfeld sind auf Bononia Estate also mit dem Jahrgang 2015 die erste Weine entstanden, die für das Weingut und für die gesamte Region ein neues Kapitel der Geschichte aufschlagen sollten. Noch war der Ertrag überschaubar und eher dazu gedacht den zukünftigen Stil der Weine festzulegen. Klar war jedoch, dass es vier Linien geben sollte: GOMOTARTZI, ISTAR, O La la und Bononia Estate Reserve.

GOMOTARTZI - jung und frisch wie die Region

Die Reihe GOMOTARTZI trägt dabei nicht zufällig ihren Namen. Die Weingärten, in denen die Trauben für ihre Weine reifen, befinden sich ganz in der Nähe des gleichnamigen Dorfes. Sie folgen einem frischen und authentischen Stil. Unter den weißen Sorten sind Chardonnay sowie Cabernet Sauvignon vertreten. Der GOMOTARTZI-Roséwein ist eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Dazu kommen ein Gamza-Rotwein sowie aktuell auch eine rote Cuvée aus Syrah & Cabernet Franc. Lediglich letztere wird 3 Monate in französischer Eiche ausgebaut.

ISTAR - Weine mit Reifungspotential

Der Name der Linie ISTAR verweist auf die alte Bezeichnung des Donau-Unterlaufs. Die Weine aus dieser Serien weisen ein höheres Alterungspotential auf. Viele davon werden in französischer Eiche ausgebaut. Allerdings geht Bononia Estate hier vorsichtig vor und verwendet nur Fässer, die schon zum zweiten oder dritten Mal befüllt werden und die Weine nur noch sanft aromatisch beeinflussen. Es gab beziehungsweise gibt rebsortenreine Weißweine aus Sauvignon Blanc, Chardonnay, Pinot Gris, Vrachanski Misket und Traminer. Einige von ihnen hatten einen durchschlagenden Markterfolg.

Der 2018er Sauvignon Blanc beispielsweise war schon nach wenigen Monaten aus den Regalen verschwunden. Bei den Rotweinen folgt die Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc klassischen Vorbildern. Der rebsortenreine Cabernet Franc ist jedoch eher selten und erinnert mit seiner sanften Eleganz an einen guten Pinot Noir. Neu hinzugekommen ist zudem ein ISTAR Syrah und Cabernet Franc, für den Bononia Estate auf die Fassreifung verzichtet.

Ooh La la ist das Rosé!

Ooh La la klingt nach Sommer, Leichtigkeit sowie unbeschwertem Leben gewürzt mit einer Portion Verspieltheit. Genau damit harmoniert der Ooh La la-Roséwein von Bononia Estate. Wie beim GOMOTARTZI-Rosé kommt eine Cuvée aus Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc zum Einsatz. Das Konzept überzeugte so sehr, das der 2018er Ooh La la bei der Balkans International Wine Competition 2019 Gold abräumte.

Die Top-Weine von Bononia Estate

Darüber hinaus stellt Sofia Wine Walk den Bononia Estate Reserve Harvest 2013 vor. Diese Cuvée aus Syrah, Cabernet Sauvignon und Merlot wurde 12 Monate in französischen Eichenfässern ausgebaut. Die Zusammenstellung erinnert zwar ans Bordelais und mehr noch ans südwestfranzösische Gaillac, kommt aber mit einer duftig-aromatischen, leichten Eleganz daher, die für nördlichere Terroirs typisch ist. Der 2013er Bononia Estate Reserve ist jedoch ausverkauft. Dafür ist jetzt die Sonderserie und Rebsorten-Studie Bononia Estate Gamza im Programm sowie vor allem die 2019er Spitzenweine aus der Line FIRST VINTAGE.

Humor und Experimentierfreudigkeit - Stefan Pirev

Als nächstes beschäftigt sich Sofia Wine Walk mit den Verantwortlichen, die hinter den Weinen von Bononia Estate stecken. Da fällt zunächst einmal ein Name auf. Das ist der des Produktionsleiters Stefan Pirev. Er ist einer der führenden Önologen in Bulgarien und zeichnet seit mehr als 30 Jahren für viele erfolgreiche Weine und Spirituosen verantwortlich. Bekannt ist er für seine Experimentierfreudigkeit sowie für seine mit Humor gepaarte Professionalität. Mit seiner Expertise, Erfahrung und Persönlichkeit bringt Stefan Pirev auch außergewöhnliche Weißwein-Projekte auf Bononia Estate, die sich beispielsweise mit Rebsorten wie Riesling, Dimyat oder Vrachanski Misket beschäftigen, nach vorne.

Mit Aglika Yotov übernimmt die nächste Generation

Damit Bononia Estate auch in Zukunft wachsen und sich weiter entwickeln kann, steht inzwischen auch schon die nächste Generation bereit. Aglika Yotov ist die Tochter von Ivaylo Yotov und übernimmt nach einigen erfolgreichen Projekten im Familienunternehmen seit 2019 offiziell Verantwortung. Unter anderem stammt das Label des Bononia Estate Gamza, den es ab dem Jahrgang 2018 gibt, von ihr. Branding und Marketing sind ihre Themen. Außerdem ist sie zuständig für das internationale Geschäft von Bononia Estate sowie für die Präsenz in den sozialen Medien. Vor Ort bereitet sie überdies die vollständige Inbetriebnahme des nahezu fertiggestellten Guts-Komplexes vor. Im Marketingbereich nicht ganz unwichtig ist ferner ihr Verständnis von anspruchsvoller Fotografie.

Eröffnung des Boutique-Hotels steht kurz bevor

Mit Spannung erwarten Aglika Yotov, ihre Familie sowie das ganze Bononia-Team zudem die bevorstehende Eröffnung des Boutique-Hotels im restaurierten Guts-Komplex. Die Yotovs sind damit sowie durch den bereits abgeschlossenen Ausbau des Weinkellers zu einem der bedeutendsten Investoren im Nordwesten Bulgariens geworden. Zunächst wird das Hotel 21 Zimmer bieten. Dazu kommen ein Restaurant, ein Wellnessbereich, ein sogenannter Infinitypool ohne sichtbare Kanten sowie Gärten und Terrassen mit herrlichem Blick auf die Donau. Selbstverständlich werden ebenfalls Konferenz-, Veranstaltungs- und Verkostungsräume sowie eine Zigarrenlounge und weitere Attraktionen dabei sein. Es wird zahlreiche Angebote von der Führung durch die Weinberge und Tastings auch auf dem Schiff bis hin zu Angelausflügen und ATV- oder Quad-Touren geben.

Abschließend ist den Yotovs mit Bononia Estate zu wünschen, das ihr Engagement für die immer noch rückständige Region im Nordwest-Bulgarien weitere Früchte tragen wird. So schließt Sofia Wine Walk mit den Worten ab, dass dank Bononia Estate, seinem Weinkeller und seinem Ressort-Hotel eine Reise in dieses Gebiet bald einen ganz anderen Klang haben wird.