Bulgariens Kukeri

Alles rund um eine bulgarische Form des Faschings

Der Begriff "Kukeri" dürfte hierzulande nicht gerade vielen bereits bekannt sein - der Begriff "Fasching" schon eher. Und auch, wenn man es nicht direkt gleichsetzen kann, bildet "Kukeri" so etwas wie den Fasching in Bulgarien. Inhaltlich ist es zwar als eine Mischung aus Neujahrsfest, Erntedankfest und Fruchtbarkeitstanz zu verstehen. In seinem Ausdruck kommt es dem in Mitteleuropa bekannten Fasching aber sehr nah. Und genau das wollen wir uns in den folgenden Absätzen einmal genauer ansehen. Hier folgt nun alles zu den Riten, Ursprüngen, Ausdrucksformen und zur regionalen Verbreitung des "Kukeri", des Fasching-ähnlichen Festes in Bulgarien.

Was passiert überhaupt beim Kukeri?

Kukeri ist ein Maskentanz. Allgemein nehmen nur Männer daran teil und Kukeri ist auch nur im Süden von Bulgarien üblich. Bei diesem Maskentanz verkleiden sich die Männer eines Ortes, Dorfes oder Stadtteils als - meist wilde oder unheimlich, bedrohlich wirkende - Tiere. In diesen Kostümen tanzen sie dann durch die Straßen, wobei diese von vielen Zuschauern gesäumt werden, die gerne in die Musik mit einstimmen, aber nicht automatisch Teil dieses Rituals werden.

Die klassische Verkleidung beim Kukeri besteht aus einer Ziegenhaut. Zudem gibt es diverse Konstruktionen, die auf den Köpfen getragen werden. Diese lassen die Männer deutlich größer wirken als sie sind. Oft, aber nicht immer, sind diese wie ein großer, sehr spitz zulaufender Kegel gestaltet. Hier gibt es insgesamt keine einheitlichen Regelungen, wie eine solche Verkleidung auszusehen hat. Klassisch und wohl am ehesten auch international bekannt ist aber jene Verkleidung, die ihren Träger wie ein wildes, behaartes Tier aussehen lässt, eben durch Nutzung von viel behaarter Ziegenhaut. Manchmal verkleiden sich einige der Teilnehmer aber auch als Schafe, dabei jedoch ebenfalls als bedrohlich und mächtig wirkendes Tier. Aber auch eher dem badischen und Schweizer Fasching ähnliche, bunte und volkstümliche Verkleidungen sind beim Kukeri bekannt. Dies variiert je nach Region, wie man dies auch bei allen anderen Regionen der Welt kennt, in der derartige faschingsähnliche Feiern bzw. Riten abgehalten werden.

Ebenso häufig werden auch zwei oder vier Glocken an den Körpern befestigt, die natürlich beim Gehen und erst recht beim Tanzen eine ordentliche Geräuschkulisse produzieren. Die übrigen Teilnehmer müssen nicht verkleidet sein und können auch in Alltagskleidung mittanzen. Genauso wenig aber hat man etwas dagegen, wenn sich auch nicht geplante Teilnehmerinnen und Teilnehmer in ähnlichen Kleidern an dem ganzen Fest beteiligen.

Nicht ganz unwichtig für die rituellen Handlungen sind jene Menschen, die zusätzlich als bestimmte Rollen verkleidet teilnehmen. Da gibt es beispielsweise eine Braut, einen Schwiegersohn und weitere, die allerdings für die erzählten Geschichten nicht ganz so wichtig sind. Dabei werden allerdings auch alle Frauenrollen - zumindest in der traditionellen Version - von Männern dargestellt. Die Braut heißt dabei Bulka und der Schwiegersohn Hadschi.

Mit dem folgenden Detail kommt man auch schon zu jenem Teil, der sich mit dem Thema Fruchtbarkeit auseinandersetzt. So sollen die Kuker, wie die Tänzer selbst genannt werden, mit einem Stück Holz, dem "Falos", bislang kinderlose Frauen berühren. Der Zweck dieser rituellen Handlung dürfte auf der Hand liegen.

Wie lang dauert ein solcher Kukeri-Tanz?

In der Regel treffen sich die Teilnehmer bereits am Morgen des jeweiligen Termins, um ihre Rituale zu beginnen. Bei besonders extensiven Feiern dauern die Tänze dann bis zu sechs Stunden am Stück an, die gesamten Feiern den ganzen Tag. Was man hier wohl kaum noch von Männern auch mittleren Alters erwarten könnte, scheint in Bulgarien auch heutzutage noch kein Problem darzustellen: viel Ausdauer beim Tanz. Wobei Pausen dabei selbstredend nicht verboten sind.

Die Prozession bewegt sich zur begleitenden Musik durch die Straßen und erreicht so weite Teile jenes Dorfs oder Ortes, in dem Kukeri begangen wird. Diese Musik wiederum wird von extra begleitenden Musikern erzeugt, also nicht, wie in manch anderem "Fasching" üblich, von den Tänzern selbst. Mit Ausnahme der an ihnen befestigten Glocken, sofern vorhanden, wie oben erwähnt. Teil des Brauchs ist es nun, dass die Verkleideten, die einzelnen Häuser des Dorfes besuchen. Einerseits sprechen sie dabei gute Wünsche und ihren Segen aus. Andererseits kommt es dann oft zu - natürlich inszenierten - Schaukämpfen mit dem jeweiligen Hausherren. Und so zieht die Feiergemeinde also durch die Straßen und bindet damit alle Bewohner des Dorfes mit ein. Und dieser soziale Zweck ist nicht zuletzt auch ein Bindeglied unter den ja nicht immer gut miteinander auskommenden Mitgliedern einer kleineren Gemeinschaft.

Für die sehr rhythmisch wirkende Musik nutzt man einen lokalen Trommler, die Tapan. Dazu erklingen hohe Melodien von Oboen und Pfeifen, meist aus der Sackpfeife Gajda. Getanzt wird in der Regel solange, wie die Musiker durchhalten, was nicht nur von der jeweiligen Stimmung und Motivation abhängt, sondern auch davon, wie viele Menschen sich neben der eigentlichen Prozession beteiligen.

Bulgarischer Kukeri Käse

Woher rührt Kukeri, was ist seine Bedeutung?

Der konkrete Ursprung von Kukeri wird in alten slawischen, teilweise griechischen Traditionen vermutet. In jedem Fall aber stammt es aus einer Zeit, bevor Bulgarien christlich wurde. Tänze und Rituale als Bitten um gute Ernten und mehr Fruchtbarkeit sind schließlich auch an vielen anderen Orten weit vor ihrer Christianisierung bekannt. Allerdings ist die genaue Herkunft unbekannt, so wie es auch keine niedergeschriebenen oder mündlich tradierten Regeln gibt, wie die Tänze und die Schaukämpfe abzulaufen haben.

Laienschauspiel als Teil von Kukeri

Des Weiteren zählen gerne auch Vorführungen von Laienschauspielern zu den Feierlichkeiten beim Kukeri. Hier sind der Phantasie - und auch der Qualität der Darbietungen - keine Grenzen gesetzt.

Zum Abschluss des Kukeri werden die aktiven Teilnehmer, ob Tänzer, Musiker oder Schauspieler, mit Geschenken und Gaben bedacht. Diese müssen nicht immer aus Geldspenden bestehen, sondern sind gerade in ärmeren Regionen oft auch Speisen, also lokale landwirtschaftliche Produkte. Den endgültigen Abschluss bildet dann ein gemeinsames großes Festmahl, das für alle da ist und bei dem natürlich auch reichlich geistige Getränke fließen. Das haben sich die Teilnehmer aber auch verdient, denn oft dauert die ganze Angelegenheit bis zu ihrem letzten Ende um die 20 Stunden - da braucht man danach schließlich eine Stärkung.

Regionale Verbreitung von Kukeri

Wie eingangs bereits erwähnt, zelebriert man Kukeri eigentlich nur im Süden bzw. auch im Südosten von Bulgarien. Da das Land auf dem Balkan anders als sein nördlicher Nachbar Rumänien nur sehr wenige Einwohner hat, etwa 7 Millionen nämlich, ist es eine noch deutlich geringere Zahl an Menschen, die Kukeri als ihre eigene ursprüngliche Kultur begeht. Dennoch hat es sich - trotz viel Konkurrenz im kulturellen Bereich - bis heute in dieser Region von Bulgarien als regelmäßig durchgeführtes Fest gehalten. Und das, obwohl die Termine für Kukeri teilweise von Dorf zu Dorf unterschiedlich sind.

Im Südosten und Süden von Bulgarien findet man Städte wie Plowdiw oder Stara Sagora. Dort und besonders in ihrem eher ländlich geprägten Umland ist Kukeri als Brauch ungeheuer ausgeprägt. Doch alle möglichen Varianten dessen sind auch in Regionen außerhalb des südlichen Bulgarien verbreitet. So kennt man ähnliche Tänze und Riten auch im eben erwähnten Rumänien, welche dort als "Capra" bekannt sind", dem rumänischen Wort für Ziege.

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Wann findet das Event Kukeri statt in Bulgarien?

Ebenfalls zu Beginn bereits erwähnt, gibt es keinen festen Termin für dieses typisch bulgarische Fest namens "Kukeri". Vielmehr ist es so, dass es nur einen Zeitrahmen gibt, der sich aber innerhalb der "dunklen" Jahreszeiten bewegt. Innerhalb eines Dorfes aber existiert durchaus ein fester Termin für Kukeri, der sich eben meist zwischen Januar und dem Termin des mitteleuropäischen Faschings befindet. Allerdings liegt der Termin eigentlich immer auf einem Wochenende, sodass man am Samstag den ganzen Tag tanzen und abends zusammen feiern kann, um sich am Sonntag zu erholen.

Übrigens ist "Kukeri" Plural, bedeutet also viele Arten von Feiern des "Kuker", wie es im Singular heißt. Allgemein üblich ist aber die Verwendung des Begriffs im Plural.

Wer den preisgekrönten deutschen Film "Toni Erdmann" kennt, der wird auch die typische Verkleidung beim Kukeri kennen. Diese trägt der Hauptdarsteller nämlich in einer Schlüsselszene des Films. Heute befindet sich diese Verkleidung im Berliner Museum für Film und Fernsehen.

Interessant ist auch, dass die ab 1944 in Bulgarien herrschenden Kommunisten die Tradition des Kukeri intensiv förderten. Dies sowohl durch ideelle, aber auch monetäre Unterstützung, indem sie die Kostüme (und teilweise auch die Feste selbst) finanzierten. Dies geschah durchaus bewusst, um die nationale Identität zu stärken und weiter vom nicht-kommunistischen Westen abzugrenzen. Deshalb hatte Kukeri nach dem politischen Wandel auch zunächst einen schweren Stand, hat heute aber neue und eigene Wege für sich gefunden, im Süden Bulgariens zu überleben und dabei auf viel Begeisterung, auch bei jungen Leuten, zu stoßen.

Trivia zu Kukeri in der heutigen Zeit und Kultur

Fazit zum "Kukeri", dem Fasching-ähnlichen Maskentanz in Bulgarien

Ein wirklich lebendiges, sehr eigenes, unterhaltsames und mitreißendes Fest ist Kukeri. Das mit dem Fasching durchaus verwandte für Bulgarien typische Fest hat gleich mehrere Funktionen in einem metaphorischen Sinne. Diese muss man aber gar nicht begreifen - oder unterstützen - um sich an den Darbietungen zu erfreuen. Dank des Internets kann man schließlich auch Kukeri miterleben, ohne vor Ort zu sein. Was allerdings bedauerlich wäre, denn nur, wenn man das eindringliche Trommeln und Tanzen über Stunden hinweg selbst miterlebt, wird man auch genauso mitgerissen, wie es das Ziel dieses beinahe manischen Tanzens ist. Kurzum: Es ist gut zu wissen, was Kukeri ist, das faschingsähnliche Fest im Süden von Bulgarien und genau das sollte nach diesem Text ja der Fall sein.