A. Yotova + S. Pirev von Bononia Estate im Gespräch mit Capital

A. Yotova + S. Pirev von Bononia Estate im Gespräch mit Capital

20.02.2020 - Kategorien: bulgarischer Wein, Events

Das Weingut Bononia Estate ist im Nordwesten Bulgariens zwischen den Dörfern Gomotartsi und Koshava im Bezirk Widin gelegen. Seine Weingärten erstrecken sich direkt am Donauufer gegenwärtig über ein Gebiet von gut 150 ha. Aglika Yotova, Mitglied der Eigentümerfamilie, stellte das Weingut in der bulgarischen Ausgabe der Zeitschrift Capital vor einiger Zeit vor. Außerdem hat sich der Produktionsleiter von Bononia Estate, Stefan Pirev, dort zu Wort gemeldet.

Bononia Estate geboren im Geiste alter Traditionen

Für Aglika Yotova ist die Bewirtschaftung des Weinguts Bononia Estate eine Herzensangelegenheit - und die Wiederbelebung einer alten Tradition. Das komme auch darin zum Ausdruck, dass das Familienunternehmen mit Bononia den Namen der alten römischen Festung trage, die ganz in der Nähe am Ufer der Donau stand und aus der die heutige Stadt Widin hervorgegangen ist. Tatsächlich steht auch hinter dem Weingut selber eine ebenso spannende wie eigenwillige Geschichte. Yotova nennt sie eine "Reise durch die Jahrhunderte" sowie "das Erbe und die Vereinigung von Traditionen aus 3 Jahrhunderten".

Für die Wiederbelebung der einstmals führenden Weinregion

Alles begann im 19. Jahrhundert, als ein Ungar namens Victor Olinger hier eine der ersten Brauereien in Bulgarien gründete. Bald aber schon besann er sich eines Besseren und wandelte den Betrieb in eine Weinkellerei um. Der Erfolg hielt eine ganze Weile an: "Noch vor rund 40 bis 50 Jahren zählte Widin zu den führenden Weinregionen in Bulgarien", erklärt Produktionsleiter Stefan Pirev. Etwas traurig wird Aglika Yotova allerdings, wenn sie davon berichtet, dass die Region in den darauf folgenden Jahrzehnten den Anschluss an die Gesamtentwicklung des Landes verlor und sogar in Vergessenheit geriet. Im Jahre 2010 jedoch entdeckte die Familie Yotov das Gebiet und war fasziniert vom einzigartigen Terroir und natürlich auch von den wunderschönen Landschaften nahe der Donau. Also habe man sich entschieden, den Weinbau in der Region wiederzubeleben. Von Anfang an war es den Yotovs dabei wichtig, vom Rebstock bis zur Abfüllung alle Schritte der Erzeugung ihrer Weine unter dem Dach ihres Weinguts zu vereinen. Der große Vorteil an diesem Vorgehen ist, dass es die Herausarbeitung unverwechselbarer Weintypen ermöglicht.

Der menschliche Faktor ist noch wichtiger als das Terroir

Zum Anspruch von Bononia Estate gehört es überdies, herausragende Weine zu erzeugen. Aglika Yotova betont, dass dafür menschliche Faktoren wie das Engagement und das Qualitätsbewusstsein der Eigentümer sowie die hingebungsvolle Begeisterung aller Mitarbeiter noch wichtiger seien als das Terroir. Dabei spricht sie auch ganz offen an, dass diese Werte in Bulgarien allgemein sowie in der Weinbranche im Besonderen nicht immer gelebt werden. Bononia Estate will sich hier von vielen anderen unterscheiden und dabei ein Zeichen setzen.

Top-Önologe und Top-Weinkeller

Eine zentrale Rolle bei der Erzeugung hochwertiger, bulgarischer Weiß- und Roséweine sowie leichter, duftiger Rotweine, reich an ätherischen Ölen, kommt dabei Stefan Pirev zu. Er zählt zu den führenden Önologen Bulgariens und kann auf eine über 30-jährige Karriere zurückblicken. Als Produktionsleiter setzt er sein ganzes Können dafür ein, das gesamte Potenzial des Terroirs für die Weine von Bononia Estate zu entwickeln. Im Ergebnis sind sie nach seinen Worten: "elegant, frisch, reich an Volumen und charakterstark". Für Aglika Yotova zählt des Weiteren, dass Bononia-Weine Menschen ansprechen, denen Authentizität wichtig ist und die eine Alternative zu Massenweinen suchen. Der Weinkeller von Bononia Estate soll daher zu den besten in Osteuropa zählen - auch um die internationale Reputation bulgarischer Weine wiederherzustellen.

Auf dem Sprung in den internationalen Markt

Allerdings ist Bononia Estate mit seinen 4 Produktlinien Gomotartsi, Istar, Ooh La La und Reserva derzeit noch hauptsächlich auf heimischen Märkten vertreten. Yotova nennt die in Bulgarien verbreiteten Lebensmittelketten Metro, CBA und HIT sowie Weinfachgeschäfte wie Casa Vino und Vino Orenda. Zudem gibt es in vielen Restaurants in Sofia sowie in bulgarischen Urlaubsgebieten wie dem am Fuße des Pirin-Gebirges gelegenen Wintersportort Bansko Weine von Bononia Estate. Ständig kommen zahlreiche weitere Verkaufsstellen hinzu.

Aber auch die Pläne für einen internationalen Auftritt von Bononia Estate sind weit gediehen sowie in Teilen bereits umgesetzt. "Wir nehmen regelmäßig an zahlreichen, internationalen Ausstellungen und Wettbewerben teil. Darunter sind Veranstaltungen in Houston, USA, in London, England, in Dortmund, Deutschland, aber auch in Guangzhou, China", zählt Aglika Yotova auf. Auch berichtet sie über den Zuspruch sowie das steigende internationale Interesse an bulgarischem Wein. Das gilt selbst für herausragende Weinnationen wie Spanien. Dort hat Aglika Yotova vor einigen Jahren promoviert. Thema ihrer Dissertation war Wein und Bononia Estate. Aus diesem Grund brachte sie einige Proben zur Verkostung mit und konnte sich über viel Lob freuen.

Rebsorte Gamza auf dem Weg nach oben

Dem Weingut kommt des Weiteren die zunehmende, über die Landesgrenzen hinausgehende Popularität der autochthonen, hauptsächlich in der bulgarischen Donauebene angebauten roten Rebsorte Gamza entgegen. Sie ist einer der Schwerpunkte von Bononia Estate. Schon heute steht Gamza in den Weingärten der Familie Yotov auf über 45 ha. "Die Nachfrage ist jedoch so groß, dass wir nicht alle Bestellungen annehmen können", merkt Yotova an und ergänzt: "Wir werden die Anbaufläche also bald deutlich erweitern."

Die Rebsorte Gamza ist ein echter Gewinner, der auch Stefan Pirev begeistert. Daher steht er voll hinter der Wiederbelebung der alten Traube, auch wenn sie mit einigen Herausforderungen verbunden ist. Gamza reife nämlich, so Pirev, spät und sei anfällig für Krankheiten. Zudem sei der Gehalt an den typischen, dunkelblauen Pflanzenfarbstoffen aus der Gruppe der Anthocyane eher gering. Dem entgegen stehe aber eine komplexe Struktur an Aromastoffen sowie ein enormes Reifungspotential. Auf Bononia Estate werde, so führt Pirev weiter aus, die Vision verfolgt, die Rebsorte Gamza unverfälscht mit ihrem ganzen feinen Wesen zu präsentieren. Darüber hinaus hat das Weingut den Plan umgesetzt, eine weitere authentische Rebsorte anzubauen. Dabei handelt es sich um die lokale Misket-Variante Vrachanski Misket. Sie ist typisch für den angrenzenden Bezirk Montana sowie die darauf folgende Region Vratsa. Aber auch die Rebflächen mit internationalen Sorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Pinot Gris sowie Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Syrah befinden sich in Erweiterung.

Neuer Weinkeller mit Hotelanlage

Eine große Energie ging und geht überdies in das Großprojekt: Weinkeller mit angeschlossenem Hotelkomplex in Koshava. Enthalten sind im Boutique-Hotel SPA-Bereich, Swimmingpool, Restaurant, Konferenz- und Veranstaltungsräume sowie spezielle Weinverkostungsräume. Bei der Errichtung des wunderbar in einem Donaubogen gelegenen Anwesens wurde besonders darauf geachtet, soviel wie möglich vom ursprünglichen Gebäude aus dem Jahre 1895 zu erhalten. Der Weinkeller ist bereits in Betrieb und für die Erzeugung von bis zu 3.000 hl Wein pro Jahr ausgelegt. Auch das Hotel von Bononia Estate steht kurz vor seiner Fertigstellung und eröffnet noch im Jahre 2022.